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Brüssel-Theater

Zahnlose EU-Russland-Sanktionen: Bulgarien versorgt Ukraine mit Putin-Öl

Von Kornelia Kirchweger
21. Januar 2023
Lesezeit: 3 Min.

Die Ukraine deckt fast die Hälfte ihres Treibstoffbedarfs mit Putins Öl aus Bulgarien ab. Da die EU-Russland-Sanktionen nicht für Sofia gelten, kommt Moskau-Öl über Drittstaaten auch in die EU. 

Auch nicht schlecht: Bulgarien darf aufgrund einer Ausnahme von den EU-Russland-Sanktionen die Ukraine mit Putins Öl beliefern. In Form von Treibstoff – vor allem Gasöl. Und das noch bis 2024. Ein neues Gesetz macht es zudem möglich, russisches Öl über Bulgarien und dann über Drittstaaten wieder in die EU einzuführen. Zu viel höheren Preisen, die wir jetzt bezahlen müssen. Im Vorjahr versorgte Bulgarien die Ukraine mit riesigen Mengen Treibstoff im Wert von 700 Millionen Euro. Die Schätzungen für 2023 liegen bei 825 Millionen Euro. Verglichen mit der Zeit vor dem Krieg mit Russland ist das ein 1000facher Anstieg.

Mega-Geschäft für Bulgarien

Das aktuelle Ausmaß von Sofias Ölexporten in die Ukraine macht bereits ein Prozent von Bulgariens Gesamtwirtschaft aus. Hauptsächlich wird Gasöl – auch bekannt als „roter Diesel“ – verkauft und macht 90 Prozent der Lieferungen aus. Auch die Benzinversorgung der Ukraine hat in den letzten sechs Monaten rapide zugenommen. Dies wegen der russischen Angriffe auf ukrainische kritische Infrastruktur. Dieselkraftstoff wird in der Schwerindustrie zum Antrieb von Maschinen, Generatoren und Geländefahrzeugen sowie in der Landwirtschaft und Schifffahrt eingesetzt.

Russische Lukoil raffiniert

Das Gasöl in Bulgarien wird von der einzigen Raffinerie des Landes in der Hafenstadt Burgas hergestellt. Sie gehört der russischen Ölgesellschaft Lukoil und ist die größte am Balkan. Eine vorübergehende Ausnahmeregelung im Rahmen des sechsten EU-Sanktionspakets gegen Russland war für Rohölimporte per Pipeline in jene EU-Mitgliedstaaten vorgesehen, die aufgrund ihrer geografischen Lage unter einer besonderen Abhängigkeit von russischen Lieferungen leiden und keine gangbaren Alternativen haben. Bulgarien hat eine solche Ausnahmeregelung bis Ende 2024.

Das Öl wird auf Tankern über das Schwarze Meer importiert. Ende letzten Jahres kündigte Lukoil seine Absicht an, Bulgarien zu seinem Hauptstützpunkt in der EU zu machen. Das russische Unternehmen versprach, hunderte Millionen Euro Steuern in Bulgarien zu zahlen, wenn es seine Ölförderung in das Land exportieren dürfe. 

Putin-Öl fließt in die EU

Es wird aber noch besser: Diesen Januar verabschiedete das bulgarische Parlament ein Gesetz, das den Export von aus russischem Öl hergestellten Kraftstoffen ausschließlich in die Ukraine erlaubt. Es gibt jedoch eine Gesetzeslücke, die den Handel mit anderen Ländern außerhalb der EU für die von Lukoil in Bulgarien hergestellten Kraftstoffe erlaubt, für die es in Bulgarien keinen Markt gibt. Das wiederum ermöglicht die Wiederausfuhr von Kraftstoffen aus russischem Öl in die EU – über Drittstaaten und natürlich zu einem viel höheren Preis. Stammt das Öl aus einem anderen Land, etwa aus Kasachstan, passiert aber auf dem Transitweg Russland, kann es seit dem neuen Gesetz nach Bulgarien importiert und die Produkte auf dem europäischen Markt verkauft werden.

Drittgrößter Handelspartner

Dank des Exports von Treibstoffen von Bulgarien in die Ukraine ist letztere inzwischen der drittgrößte Handelspartner des Balkanlandes und hat die USA abgelöst. Im Jahr 2021 belegte die Ukraine den achten Platz unter den Ländern außerhalb der EU als Bestimmungsort für bulgarische Exporte. Laut Assen Wassilew, früherer bulgarischer Finanzminister, ist Bulgarien zu einem der größten Exporteure von Dieselkraftstoff in die Ukraine geworden und hat zeitweise bis zu 40 % von Kiews Bedarfs gedeckt. Alle in die Ukraine exportierten Produkte sind entweder direkt in Russland oder in der Raffinerie von Lukoil hergestellte Kraftstoffe, betonte er. Das werde auch in diesem Jahr so bleiben. Denn die EU-Kommission habe Bulgarien letzten Dezember eine ausdrückliche Ausnahmegenehmigung erteilt, aus russischem Öl hergestellte Produkte in Höhe der Durchschnittswerte der letzten fünf Jahre in die Ukraine exportieren zu dürfen, sagte Martin Wladimirow, Direktor des Energie- und Klimaprogramms beim einflussreichen bulgarischen Thinktank „Zentrum für das Studium der Demokratie“ (Center for the Study of Democracy, CID).

Waffen um eine Milliarde

Auch bei Waffengeschäften mit der Ukraine liegt Bulgarien gut im Rennen: Im Vorjahr verkaufte das Land Waffen im Wert von mehr als einer Milliarde Euro nach Kiew. Allerdings nicht direkt, sondern über Zwischenhändler, wie eine Untersuchung im vergangenen Jahr ergab. Das Balkanland ist der Hauptlieferant von Munition an die ukrainische Armee, obwohl die offiziellen Stellen in Sofia solche Exporte weiterhin bestreiten.


Zum Autor: Kornelia Kirchweger war Journalistin bei Austria Presse Agentur, Bundespressedienst, BBC, Asahi Shimbun. Fokus: EU, Asien, USA, Afrika. Seit 2016 beim Wochenblick. Rockte die sozialen Medien mit ihrem offenen Brief an Greta Thunberg und machte gegen den UNO-Migrationspakt mobil.

Zum Autor: Kornelia Kirchweger war Journalistin bei „Austria Presse Agentur“, Bundespressedienst, „BBC“, „Asahi Shimbun“. Fokus: EU, Asien, USA, Afrika. Seit 2016 beim „Wochenblick“. Rockte die sozialen Medien mit ihrem offenen Brief an Greta Thunberg und machte gegen den UNO-Migrationspakt mobil.

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