Auch wenn die alten Bauernregeln heute vielfach nicht mehr ernst genommen werden, für viele Regionen sagen sie noch immer die Wetterentwicklung zuverlässig voraus – mehr oder weniger. Denn die Klimaerwärmung irritiert auch das jahrhundertelange, alte Regelwerk.
Trotzdem sollte man es noch nicht auf den Müll werfen, ist nicht nur der heimische Wetterspezialist Hans Gessl aus Grieskirchen überzeugt. Der „Wetter-Hans“, wie ihn die Leute nennen, ist zwar kein Meteorologe, aber ein genauer Wetterbeobachter, wie dies auch schon vor ihm die Bauern in unserem Land waren. Ihre Erfahrungen haben unsere Vorfahren in Sprüche und Reime verpackt, um diese in leicht verständlicher Form mündlich weitergeben zu können und sie waren auch jahrhundertelang ein Garant für zuverlässige Vorhersagen.
Bauernregeln: Ererbtes Kulturgut
Wer die Bauernregeln als Humbug bezeichnet, sei schlichtweg dumm, zitiert Gessl den langjährigen ORF-„Wetterfrosch“ Carl Michael Belcredi und die Mehrzahl der Menschen scheint dies auch nicht tun zu wollen, was Hans auch bestätigen kann. Denn bei seinen öffentlichen Wetterspaziergängen, die er schon in der Vergangenheit mit großem Erfolg veranstaltete, wurde er von den Leuten immer wieder interessiert auch zu den Bauernregeln befragt.
Bauernregeln sind ererbtes Kulturgut und ginge es nach Gessl, sollten diese sogar immaterielles Weltkulturerbe werden. Denn „Besseres kann kein Volk vererben als ererbten Väter Brauch. Wo des Landes Bräuche sterben, stirbt des Volkes Blüte auch“ (alte Volksweisheit). Dass dies nicht passiert, dafür will der „Wetter-Hans“ auch künftig mit seinen Wetterspaziergängen sorgen, die heuer wieder an jedem ersten Montag im Monat in der Vitalwelt Bad Schallerbach veranstaltet werden.
Wettervorhersage anhand von Pflanzen
Der erste Spaziergang in diesem Jahr hat bereits stattgefunden und bei diesem hat Hans den Leuten vor allem erklärt, warum wir heuer bei frühsommerlichen Temperaturen ins neue Jahr rutschten. Das Wetter erklärt Gessl aber nicht allein mit den Bauernregeln, sondern auch mit Hilfe der wetterfühligen Pflanzen, an deren jeweiligen Zuständen man das Wetter zuverlässig vorhersagen kann.
Das bekräftigen auch die Verwandten eines Landwirts im niederösterreichischen Wechselgebiet, der schon im Sommer an der Blütenpracht der Königskerzen erkennen kann, wie schneereich der folgende Winter werden wird. Darin wird er auch durch eine Bauernregel bestätigt, die besagt: "Reichen die Blüten bis an die Spitze der Pflanze, wird es eine kalte und lange Winterzeit."
Klimaerwärmung: Bauernregeln weniger zuverlässig
Demzufolge dürften die Königskerzen im letzten Sommer eher ein Bild des Jammers geboten haben – oder auch nicht. Denn die Klimaerwärmung habe die Bauernregeln schon ein wenig unzuverlässiger, wenn auch nicht obsolet gemacht, betonen Experten und auch Bauern aus unserer Gegend bedauern: "Früher kam noch vor Weihnachten der Schnee und der blieb dann bis Ostern. Heute kommt er vielleicht, vielleicht aber auch nicht oder vielleicht nur kurz…“. "Ist der Oktober warm und fein, kommt ein scharfer Winter drein“, zitierte ein Landwirt aus der Umgebung von Wels im Spätherbst eine Bauernregel, die sich leider nicht bewahrheitet hat. Doch was bis jetzt noch nicht ist, kann vielleicht noch werden. „Aber dann bitte nicht mehr im Mai“, fleht seine Familie.
Zum Autor: Kurt Guggenbichler war Mitbegründer und Chefredakteur des „Wochenblick“. Sein journalistisches Handwerk hat er bei der „Goslarschen Zeitung“ in Norddeutschland erlernt, wo er acht Jahre lang als Redakteur, Reporter und Kolumnist tätig war. Wieder zurück in seiner Heimat, arbeitete Guggenbichler in der Funktion eines Ressortleiters dann 25 Jahre lang für die "Oberösterreichischen Nachrichten“. Zum Wochenblick wechselte er einige Zeit nach seiner Tätigkeit als Chefredakteur der Tageszeitung „Oberösterreichs Neue“ und für AUF1-Info ist Guggenbichler nun als Nachrichten-Redakteur, Kommentator und Reporter im Einsatz.